Deutscher Gewerkschaftsbund

PM - 21.07.2006

DGB Hamburg für tariflich abgesichertes Recht auf Weiterbildung

Lebenslanges Lernen - DGB-Projekt LeA wird im Hamburger Betrieb Dolmar
erfolgreich um- und fortgesetzt
Der DGB Hamburg fordert von den Unternehmen verstärkte Anstrengungen für betriebliche Weiterbildung, um auch Ältere länger fit zu halten für den Arbeitsmarkt. Ein positives Beispiel ist der Hamburger Motorsägen-Hersteller Dolmar, der nach Abschluss des dreijährigen DGB-Projekts LeA * (Leben und Arbeiten) die betriebliche Weiterbildung nun als festen Bestandteil in die Firma integriert und sogar eine neue Planstelle für Aus- und Weiterbildung geschaffen hat.**
In Deutschland nehmen nur rund 15 Prozent der Beschäftigten an einer Fort- oder Weiterbildung teil, während es in Schweden 56 Prozent sind. Bei den Ausgaben für Weiterbildung liegen die privaten Haushalte nach DGB-Berechnungen mit 38,2 Prozent weit vor den Betrieben (36 Prozent), der
Bundesanstalt für Arbeit (17 Prozent) und den Ausgaben der öffentlichen Hände (8,7 Prozent).
Erhard Pumm, Vorsitzender des DGB Hamburg: „Weiterbildung wird in Deutschland stiefmütterlich behandelt. Dabei nimmt die Notwendigkeit, sich beruflich weiterzubilden, für Arbeitnehmer aller Qualifikationsniveaus zu. Von ihnen wird immer stärker verlangt, dass sie sowohl die ,richtigen 'Fachqualifikationen als auch neue Kompetenzen wie Selbstmanagement und Selbstorganisation erwerben sollen. Ein Ansatz, der ausschließlich darauf abzielen würde, aktuelle Qualifikationsdefizite zu kompensieren, ginge an den Anforderungen einer dynamischen Arbeitswelt vorbei. Das Bildungscoaching - wie etwa beim DGB-Projekt LeA (Leben und Arbeiten) angeboten – unterstützt die Fähigkeit zum lebenslangen Lernen und verbessert die Beschäftigungsperspektiven bis zur Rente. DGB Hamburg befürwortet gerade vor dem Hintergrund der Debatte um die Rente mit 67 und Integration von älteren Arbeitnehmern in den Arbeitsmarkt das tariflich gesicherte Recht auf
Weiterbildung. Dabei müssen endlich auch Geringqualifizierte, Frauen, Ältere und Migranten verstärkt mit einbezogen werden, die bislang bei der Weiterbildung zu kurz kamen."
In die richtige Richtung gehen die neuen Tarifverträge der IG Metall und der IGBCE: Sie sehen die Ermittlung des Qualifikationsbedarfs vor und regeln zum Teil betriebliche Weiterbildung. In manchen Tarifverträgen wird sogar geregelt, in welcher Zeit die bezahlte Weiterbildung erfolgt - etwa durch
Lernzeitkonten.
Hintergrund:
*Der DGB hat mit dem Projekt LeA (Leben und Arbeiten, von 2002 bis 2005)
Unternehmen und Arbeitnehmern das Angebot gemacht, gemeinsam neue Wege der
weiterbildungsbezogenen Zusammenarbeit zu gehen. Hamburg bildete mit der
Beteiligung von zehn Betrieben (fünf aus dem Bereich Gesundheit/Pflege, fünf aus der Metallbranche) die Schwerpunktregion des bundesweiten Projekts.
Die Auswertung des Projekts LeA zeigt es: Firmen, die an dem Projekt teilgenommen haben, wissen das Bildungscoaching von außen zu schätzen. Es ist für Mitarbeiter und Betrieb gleichermaßen nützlich: Kompetenzen, Motivation und Selbstvertrauen der Beschäftigten werden gesteigert, Arbeitsabläufe und -ergebnisse optimiert. Das funktioniert sowohl in Betrieben mit An- und Ungelernten als auch in Firmen mit Hochqualifizierten, in großen wie in kleinen Unternehmen.
** Der Hamburger Betrieb Dolmar (stellt Motorsägen her, 400 Mitarbeiter), der sich an dem Projekt LeA beteiligt hatte, setzt die aus dem Projekt gewonnenen Erkenntnisse erfolgreich um und führt sie jetzt betriebsintern fort; dieser Betrieb hat das Jahr 2006 sogar zum Jahr der Weiterbildung ausgerufen!
Bei Dolmar wurde LEA über den Betriebsrat in das Unternehmen gebracht. Nach
anfänglicher Skepsis waren schließlich alle Mitarbeiter zur Teilnahme bereit.
Betriebsratsvorsitzender Hans-Joachim Platt über seine Erfahrungen mit LeA im Sommer 2005:
„Am Anfang stand die Botschaft: Um am Markt weiterhin bestehen zu können,
brauchen wir Produkte guter Qualität und optimierte Arbeitsprozesse. Früher
gab es bei uns die sog. Einstückarbeit, was der Tätigkeit von einer Minute am Band entsprach. Doch die Arbeitsvorgänge sind komplexer geworden, so dass jeder Mitarbeiter inzwischen an einem Teil 15 bis 20 Minuten arbeitet. Dafür sind aber auch vertiefte Kenntnisse erforderlich. Zunächst wurde den
Mitarbeitern verdeutlicht, wie heute das Anforderungsprofil für ihren Arbeitsplatz aussieht, um es dann abzugleichen: Wo liegen die Defizite bei jedem einzelnen? Wie kann man sie abdecken? Nach sieben Meetings in Kleingruppen wurde dann ein Schulungsbedarfsplan erstellt, der nach und nach abgearbeitet wurde. Und es wurde extra eine Planstelle geschaffen für Qualifizierung und Prozessbegleitung. Damit ist sicher gestellt, dass die Kenntnisse dem Unternehmen erhalten bleiben, auch wenn es mal einen Wechsel in der Belegschaft gibt. Verlässt jemand die Firma, kann er dem Nachfolger bestenfalls sein Wissen übermitteln. Das führt häufig zu Übertragungsverlusten. Nun fragen wir: Was muss der Mitarbeiter an jedem Arbeitsplatz wissen? Das wird strukturiert festgehalten und der Neue darin geschult. Das ist eine Daueraufgabe."
Herr G. Drews bekleidet die neue Planstelle für Aus- und Weiterbildung bei DOLMAR und schildert die Situation ein Jahr später:
„Das DGB-Projekt LeA hat dem Unternehmen wichtige Impulse gegeben für die betriebliche Weiterbildung, die wir jetzt betriebsintern systematisch fortsetzen.
Es sind alle rund 400 Mitarbeiter in Gruppenschulungen eingebunden – wobei wir z.B. Mitarbeiter, die kurz vor der Rente stehen und sich schwer tun mit Veränderungen nicht dazu zwingen, aktiv zu werden. Viele der Älteren sind jedoch begeistert dabei, weil sie merken, dass es auf ihren Erfahrungsschatz ankommt – deshalb mischen wir die Gruppen quer durch Alter und Vorqualifizierung. Vorrangig richtet sich unser Schulungsangebot, das ausschließlich während der Arbeitszeit stattfindet, an die weniger hoch Qualifizierten in der Montage – dabei geht es um optimierte Arbeitsprozesse und Kniffe in der Fertigung; die Beschäftigten können auch bestimmte Computerprogramme erlernen oder eine Prüferlizenz erwerben für die Qualitätsprüfung unserer Produkte. Seitdem wir auch das betriebliche Vorschlagswesen verstärkt haben und die umgesetzten Verbesserungen prämieren, überschlagen sich die Gruppen förmlich mit Ideen.
Die betriebliche Fortbildung ist für alle Beteiligten von Nutzen: Der Arbeitgeber optimiert die Arbeitsabläufe und die Qualität der Produkte, die Belegschaft ist motivierter, kann mehr Einfluss nehmen und bleibt auch bei technischen Neuerungen immer auf dem Laufenden, ja die Beschäftigten gewinnen sogar immer neue Qualifikationen hinzu, die sie auch ggf. bei einem Firmenwechsel gut gebrauchen können. Für beide Teile gilt: Wer in betriebliche Fortbildung investiert, hat sehr bald Vorteile davon.“

Infos über das DGB-Projekt LeA: www.dgb-lea.de

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