Deutscher Gewerkschaftsbund

PM - 22.11.2005

Europäischer Gerichtshof stärkt Arbeitnehmerrechte in Deutschland

Urteil von heute: Zeitverträge für Ältere rechtswidrig!
Der DGB Hamburg ist erfreut darüber, dass der Europäische Gerichtshof mit seiner Entscheidung von heute den Kündigungsschutz in Deutschland stärkt.
Danach verstoße die mit der Arbeitsmarkt-Reform „Hartz I“ geschaffene Möglichkeit, Arbeitnehmer über 52 ohne Grund und Zeitbeschränkung befristet einzustellen gegen den Gleichheitsgrundsatz.
Nach geltendem Gesetz dürfen Arbeitsverträge in Deutschland generell nur für insgesamt zwei Jahre befristet werden. In Hartz I wurde jedoch geregelt, dass diese Zeitbegrenzung nicht bei Neueinstellungen von Arbeitnehmern über 52 Jahren gilt.
Die Regelung widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH). Zwar lasse das europäische Recht Ausnahmen zu, etwa um beschäftigungspolitische Ziele zu verfolgen. Die Maßnahmen müssten dann aber zielgerichtet und angemessen sein. Dafür sei die "ausschließlich nach dem Lebensalter definierte Gruppe" der über 52-jährigen Arbeitnehmer aber zu groß.
Deutschland habe nicht nachgewiesen, dass es notwendig sei, diese Gruppe sogar unabhängig von einer vorangehenden Arbeitslosigkeit von festen Arbeitsverhältnissen auszuschließen, um die Eingliederungsziele zu erreichen. In seiner allgemeinen Form sei die Regelung daher nicht mit dem Verbot der Diskriminierung wegen des Alters vereinbar. Für die deutschen Arbeitsgerichte seien diese Vorgaben unmittelbar bindend, so der EuGH weiter. Die Regierung könne das Gesetz jedoch nachbessern.
„In der Tat hat sich die Hoffnung, mit dieser Regelung verstärkt ältere Menschen in Arbeit zu bringen, die einen überdurchschnittlich großen Anteil der Langzeitarbeitslosen ausmachen, nicht bestätigt“, sagt Erhard Pumm, Vorsitzender des DGB Hamburg. Gerade mal 40 Prozent der deutschen Unternehmen beschäftigen noch Arbeitnehmer über 50 Jahre. Die Anzahl der Sozialversicherungsbeschäftigten über 50 ist in Hamburg von
170 766 im Sommer 2001 auf nur noch 165 843 im Sommer 2004 gesunken, die Arbeitslosenquote der über 50jährigen in Hamburg betrug im Oktober 05 erschreckende 24,6 Prozent – bei einem Anstieg von 23,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Erhard Pumm: „Der geschwächte Kündigungsschutz stellt die älteren Arbeitnehmer rechtlos, und deshalb wäre es richtig, diese Sonderbefristungsmöglichkeiten für Ältere ersatzlos zu streichen. Wichtig wäre es vielmehr, dass sich die Betriebe besser auf die Alterung ihrer Belegschaft einstellen.“ Oft gebe es z.B. keine auf die Bedürfnisse Älterer zugeschnittene Gestaltung der Arbeitsplätze und Arbeitsabläufe; auch in Weiterbildungsmaßnahmen würden Ältere zu selten einbezogen. „Viele Betriebe kneifen hier, obwohl die Arbeitsagentur eine spezielle Qualifizierungsförderung für mittelständische Betriebe anbietet.“
Der DGB Hamburg weist darauf hin, dass die Arbeitsagentur nach dem Arbeitsförderrecht (§ 417 SGB IV) in Betrieben bis 100 Beschäftigte die Kosten einer betrieblichen Weiterbildung von mindestens 50-Jährigen auch dann übernimmt, wenn der Arbeitsplatz nicht gefährdet ist. Damit soll einer im Alter drohenden Dequalifikation und möglichen Arbeitslosigkeit vorgebeugt und die Wettbewerbschancen sowie die Qualifikationsstruktur mittelständischer Betriebe möglichst verbessert werden. Dieses seit 2002 bestehende Instrument wird viel zu wenig von den Unternehmen genutzt.
Es reiche nicht aus, so Hamburgs DGB-Vorsitzender, angesichts des demografischen Wandels immer wieder vom lebenslangen Lernen und von längeren Lebensarbeitszeiten bis zum 67. Lebensjahr zu reden und dann nicht verstärkt in die Qualifizierung älterer Beschäftigter zu investieren.“

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