Immer mehr Hamburger bestreiten Lebensunterhalt durch staatliche Transferleistungen und Rente
Nur rund 42 Prozent der Hamburger/innen sind erwerbstätig Existenzsichernde Arbeitsplätze schaffen, damit Menschen selbst für sich sorgen können Immer mehr Hamburger bestreiten den Lebensunterhalt durch staatliche Transferleistungen oder Rente und weniger durch Erwerbstätigkeit, errechnete der DGB Hamburg und fordert mehr existenzsichernde Arbeitsverhältnisse sowie die Einführung eines Mindestlohns von 7,50 Euro pro Stunde. Innerhalb von zehn Jahren (1994 bis 2004, Zahlen-Vergleich vor Inkrafttreten von Hartz IV) nahm die Zahl der Hamburger, die ihren überwiegenden Lebensunterhalt durch Arbeitslosengeld/ -hilfe bestritten, um 21 700 von 2,9 auf 4,2 Prozent zu, die Zahl derjenigen, die überwiegend von Rente, Sozialhilfe und Sonstigem leben um 25 600 Personen von 27,4 auf 28,3 *. Gleichzeitig nahm der Anteil der Hamburger, die allein von ihrer Erwerbstätigkeit leben konnten, gemessen an der Zahl aller am Hamburger Erwerbsleben Beteiligten um rund ein Prozent auf 42,4 ab. Erhard Pumm, Vorsitzender des DGB Hamburg: "Hinter dieser Statistik verbirgt sich u.a. die bittere Aussage, dass weite Teile der Bevölkerung von einem Leben, das sie aus eigener Kraft finanzieren können, abgekoppelt wurden. Seit 2004 hat die Zahl der Langzeitarbeitslosen noch zugenommen und sich die Situation für die Betroffenen - auch durch Hartz IV mit verschärften Anrechnungsregeln auf Einkommen und Vermögen - noch verschlechtert. Interessant ist zudem, dass die Zahl der verheirateten Frauen, die von Arbeitslosengeld/-hilfe leben, innerhalb dieser 10-Jahresfrist von 6 000 auf 11 000 zunahm, während immer weniger verheiratete Frauen vom Unterhalt ihres Mannes leben (Rückgang von 132 000 auf 100 000) . Erhard Pumm: "Zum einen zeigen die Zahlen, dass Frauen durch verstärkte Erwerbstätigkeit im Falle der Arbeitslosigkeit auch einen eigenen Anspruch auf staatliche Leistungen haben, andererseits macht es auch deutlich, dass die Ehe immer weniger Schutz darstellt vor Abhängigkeit von staatlichen Transferleistungen. Das Modell ,Ehemann als Versorger' verliert an Bedeutung, weil auch Männer zunehmend von Arbeitslosigkeit betroffen sind." Die Situation im Herbst 2005: Trotz Erwerbstätigkeit auf Hartz IV angewiesen Insgesamt waren im Herbst 2005 in fast einem Viertel aller auf Hartz IV angewiesenen Bedarfsgemeinschaften Personen erwerbstätig**. Das Einkommen dieser Familien war trotz anrechenbarem Erwerbseinkommen zu niedrig, um unabhängig von staatlicher Fürsorge leben zu können. Nach DGB-Berechnungen mussten sich in Hamburg im Herbst letzten Jahres 21.210 Haushalte Einkommen aus Erwerbstätigkeit auf Hartz IV anrechnen lassen. Das sind 18,9 Prozent aller Hamburger Bedarfsgemeinschaften. Etwa jeder zweite von ihnen hat einen sozialversicherungspflichtigen Job und etwa ebenso viele haben einen Mini-Job. Nach Abzug von Freibeträgen mussten sie sich im Schnitt 368 Euro anrechnen lassen. Überdurchschnittlich häufig auf Hartz IV angewiesene sind sozialversicherungspflichtig beschäftigte Ungelernte und Teilzeitkräfte. "Armut trotz Erwerbstätigkeit ist in Hamburg keine Ausnahme mehr", so Erhard Pumm. "Dabei wissen viele Arbeitnehmer mit Niedrigeinkommen nicht einmal, dass sie Anspruch auf ergänzende staatliche Fürsorge haben. Wer den ganzen Tag arbeitet, muss einen Nettolohn erhalten, der oberhalb des gesellschaftlichen Existenzminimums liegt. Um den freien Fall nach unten zu begrenzen, brauchen wir einen Mindestlohn von mindestens 7,50 Euro pro Stunde." * Quelle: Statistisches Landesamt Nord Im Jahr 1994 lebten von rund 1,70 Millionen Hamburgern 736 500 von Erwerbstätigkeit, 50 300 von Arbeitslosengeld/-hilfe, 467 400 von Renten, Pensionen, Sozialhilfe und Sonstigem, 449 300 vom Unterhalt durch Angehörige. Im Jahr 2004 lebten von rund 1, 74 Millionen Hamburgern 737 000 von Erwerbstätigkeit, 72 000 von Arbeitslosengeld/ -hilfe, 493 000 von Rente, Sozialhilfe und Sonstigem, 434 000 vom Unterhalt durch Angehörige. **Quelle: Bundesagentur für Arbeit